„Mit diesen neuen Techniken bleibt doch trotzdem alles beim Alten.“ „Da wird doch nichts richtig gemacht, agil heißt doch nur schnell und schlampig.“ „Jetzt wird in unserem Unternehmen schon wieder die nächste Sau durch das Dorf getrieben.“
Das Thema Agilität hat in den letzten Jahren eine starke Medienpräsenz erfahren. Es ist in aller Munde. Leider entwickelt es sich immer mehr zu einem verbrannten Wort. Leider- denn was Agilität zu bieten hat, ist großartig. Warum wird es mehr und mehr zu einem verbrannten Wort? Weil viele Unternehmen auf den Zug aufspringen und mitmachen woll(t)en. Aber nur den halben Weg gehen. Denn wer agil werden will, kann es sich nicht nur auf die Fahnen schreiben und als Aushängeschild benutzen- den Rest aber wie gehabt belassen. Wer agil werden will, muss auch B sagen und das Unternehmen und Teams für das neue Mindset öffnen. Wenn diese Veränderung geschieht, gelingt auch Agilität.
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Wenn wir nur alte Denkmuster und Organisationsstrukturen neu anstreichen, werden die Menschen in kürzester Zeit merken, dass sich nichts geändert hat. Sie sollen schneller und eigeninitiativer arbeiten, doch wenn sie es tun, werden sie schnell darauf hingewiesen, dass doch diese und jene Deadline droht und sie die Dinge anders anzugehen haben.
Wer nur die Hülle von Agilität sieht, könnte der folgenden Aussage durchaus zustimmen: „Prototypen, die in wenigen Tagen erstellt wurden, sind doch nur schnell und schlampig zusammengeschustert.“ Vielleicht mag das sogar stimmen. Aber darum geht es nicht. Es geht um das Mindset, Produkte und Dienstleistungen so früh wie möglich zu vertesten. Darum, Erkenntnisse in einer Phase zu erlangen, in der ich (noch) offen für Veränderungen an dem Produkt bin. Oder offen dafür bin, alles noch einmal über den Haufen zu werfen. Je länger wir an einer Sache arbeiten, desto weniger Veränderungsbereitschaft bringen wir psychologisch auf. Dann haben wir zwar ein ausgetüfteltes Produkt, aber wen interessiert es schon, ob es am Ende tatsächlich funktioniert wie gedacht oder ein Bedürfnis auf dem Markt befriedigt. Erfolgreiche Unternehmen haben erkannt, dass es sich lohnt, früh den Horizont zu erweitern. Und dafür reichen sogenannte „Fassaden“, also Prototypen, die nur den äußeren Anschein des Produktes geben und womöglich nur schnell gebaut wurden.
Agilität befähigt Unternehmen und Teams dazu handlungsfähiger, flexibler, effektiver und schneller zu arbeiten- weil entsprechende Möglichkeiten dazu geschaffen werden. Menschen sehen über den Tellerrand, was braucht es gerade? Dafür muss nicht immer zwangsläufig das ganze Unternehmen umgekrempelt werden. In meinem Berufsalltag erlebe ich viele Teams, die ein agiles Mindset für sich leben, obwohl sie in ein klassisch strukturiertes Unternehmen eingebettet sind. Erfolgreich sind sie jedoch, weil sie innerhalb ihres Bereichs ein agiles Mindset leben können. Möglicherweise als Exoten. In der Regel sind es jedoch die erfolgreichen und glücklichen Exoten!