KI und Mitbestimmung: ChatGPT ohne Betriebsrat einführen?

Künstliche Intelligenz kommt in den Betrieben an. Arbeitsunterstützung der Arbeitenden durch KI ist zurzeit in vielen Unternehmen ein Thema, sei es beim Verteilen von Arbeitspaketen, dem Verfassen von Texten oder dem Vorsortieren bei Bewerberauswahl.

Dies kann auch zu Streit mit dem Betriebsrat führen. In einem Fall, der beim Arbeitsgericht in Hamburg landete, verlangte der Konzernbetriebsrat eines Unternehmens, dass Beschäftigte ChatGPT bei der Arbeit nicht mehr nutzen dürfen. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg scheiterte er. Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte seien nicht verletzt worden. Diese Entscheidung sorgte für Aufsehen – es lohnt sich ein Blick in die Begründung der Richter. Denn nur so kann realistisch eingeschätzt werden, wann der Betriebsrat auch tatsächlich außen vor ist.

Ausnahme ist nicht die Regel!

Das Beispiel zeigt: die Beteiligung des Betriebsrates kann ausnahmsweise nicht gegeben sein. In der Regel ist jedoch wichtig, dass bei neuer Technik hat der Betriebsrat Mitbestimmung nach § 87 Absatz 1 Zif. 6 BetrVG hat. Technische Einrichtungen, die dazu bestimmt sein können, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, müssen über Betriebsvereinbarung geregelt werden. Danach besteht Mitbestimmung etwa bei Betriebsdatenerfassung, Telefonanlagen oder Software, mit der Arbeitnehmer arbeiten, etwa SAP, Excel, Personalinformationssysteme.

Unter den Begriff „Überwachen“ fällt das Sammeln oder Auswerten von Daten, wobei Voraussetzung ist, dass die Daten Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Wenn die Produktion als großes Netzwerk organisiert wird, nimmt dies Kunden und Beschäftigte nicht aus. Die Vernetzung der IT-Systeme ermöglicht es dem Arbeitgeber, eine dauernde Überwachung der Arbeitsleistung und des Verhaltens der Arbeitnehmer vorzunehmen. Selbst ein einfacher Zugriff auf eine Internet-Seite hinterlässt Datenspuren. Entsprechend sensibel werden Betriebsräte bei diesem Thema sein.

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates sind auch bei der digitalen Transformation bedeutsam. Die rechtlichen Möglichkeiten ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das Kernstück des Betriebsverfassungsrechtes sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates. Mitbestimmung sieht zwingend die Beteiligung des Betriebsrates vor. Betriebsvereinbarungen sind erzwingbar, wenn eine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden.

Kommt eine Einigung über Mitbestimmungsthema nicht zustande, so entscheidet Nach § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Risiken aus Unternehmenssicht ergeben sich auf zwei Ebenen:

a) Der Arbeitgeber muss die Zustimmung des Betriebsrates zu der geplanten Maßnahme einholen. Dies ist die Voraussetzung für die Einführung der neuen Technik. Einen Verstoß kann der Betriebsrat ahnden – der Arbeitgeber riskiert, dass der Betriebsrat beim Arbeitsgericht per einstweiliger Verfügung einen Stopp dieser Planungen durchsetzt.

b) Bei der Mitbestimmung kann die Initiative auch vom Betriebsrat ausgehen. Beantragt der Betriebsrat eine Änderung bei einem Mitbestimmungsthema, etwa Beginn und Ende der Arbeitszeit, sollte die Geschäftsführung der Aufforderung zu Verhandlungen auch nachkommen. Denn andernfalls kann der Betriebsrat ein Einigungsstellenverfahren durchsetzen. Eine Regelung dazu ist erzwingbar, d.h. bei Nichteinigung entscheidet die Einigungsstelle, die dann eine Neuregelung festlegt.

Geschrieben von: Marcus Schwarzbach
Berater in Mitbestimmungsfragen und Fachautor, hohe Praxiserfahrung in der Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat

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