Agile Methoden wie Scrum sehen die Rolle des Projektleiters nicht mehr vor. Bei der Einführung agiler Methoden steht ein Unternehmen deshalb vor der Frage, welche Aufgaben die bisherigen Projektleiter in der neuen Projektwelt übernehmen sollen.
Karin T. arbeitet seit mittlerweile 15 Jahren als „klassische“ Projektleiterin in der IT-Branche. Nun übernimmt sie die Verantwortung für ein Software-Entwicklungsprojekt, in dem nach Scrum gearbeitet werden soll. Schnell gerät die erfahrene Projektleiterin an ihre Grenzen. Ihr bisheriger Führungsstil, der auf klare Ansagen ausgerichtet ist, funktioniert plötzlich nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Mit ihrer Art eckt sie immer wieder an, das Team will ihr nicht folgen. Die Projektmitarbeiter wollen Freiraum – und keine Chefin, die kontrolliert und Vorschriften macht.
Gerade in IT-Projekten ist der klassische Projektleiter meistens derjenige, der über das größte technische Verständnis und das umfangreichste Projekt-Know-how im Team verfügt. Diese Rolle übernimmt in Scrum der Product Owner – mit der Folge, dass der Projektleiter oft auf die Rolle des Scrum Masters ausweicht. Dort jedoch wird ein ganz anderes Führungsverständnis verlangt: Ein Scrum Master ist gegenüber dem Projektteam eine dienende Führungskraft. Wer den Rollenwechsel nicht beherzigt und stattdessen weiterhin munter Arbeitsanweisungen gibt, stellt schnell die agile Performance des ganzen Projektteams aufs Spiel.
Agile Projekte leben von Mitarbeitern, die Lust und Freude daran haben, innovativ zu arbeiten. Mit Druck lässt sich das kaum erreichen, denn Innovation erfordert vor allem Kooperation. Die Folge: In agilen Projekten steht das alte Selbstverständnis von Projektleitung zur Disposition.
Seit gut 15 Jahren gibt es nachweisliche Erfolge gerade in der Software-Entwicklung mit den sogenannten agilen Methoden, allen voran Scrum. Die Ideen der agilen Methoden werden zunehmend auch auf technische Entwicklungsprojekte oder auf Organisations- und Veränderungsprojekte übertragen. Auch hier mit Erfolg. Allerdings taucht in den Beschreibungen agiler Vorgehensmodelle die Rolle des Projektmanagers nicht mehr auf. Heißt das, agile Projekte brauchen kein Projektmanagement? „Bin ich jetzt überflüssig?“, fragen sich Projektleiter, die sich wie Katrin T. erstmals mit einem Scrum-Projekt konfrontiert sehen.
Um die Antwort vorwegzunehmen: Nein, überflüssig wird der Projektleiter nicht. Aber seine Rolle verändert sich.
Karin T. begreift schnell, dass sie als agile Projektleiterin nicht mehr über Anweisungen und Kontrolle führen kann. Sie muss stattdessen moderieren und koordinieren, Impulse setzen, einen Teamprozess in Gang bringen – und dann die Sache laufen lassen. Auch wenn es ihr zunächst schwer fällt: In agilen Projekten verbleiben Verantwortung und Monitoring im Team.
Agile Projektleiter führen, indem sie passende Rahmenbedingungen vorgeben, das Arbeitsgeschehen im Projektteam moderieren und Vorschläge machen.
Karin T. muss radikal umdenken. Agiles Projektmanagement erfordert von ihr ein neues Führungsverständnis und eine neue Haltung. Die Pyramide steht Kopf, hierarchische Führung dank Macht wird durch dienende Führung dank Vorbild ersetzt. Projektleiter wie Karin T., die sich viele Jahre über Vorgabe und Kontrolle, feste PM-Methoden und -Prozesse sowie ihre fachliche Autorität definiert haben, stehen vor der Herausforderung, Projektleitung neu denken zu müssen.
Projektleiter in agilen Projekten sind in erster Linie dafür verantwortlich, für das Projektteam Rahmenbedingungen und die nötige Infrastruktur zu schaffen. Die fachliche Verantwortung wird dorthin verlagert, wo die Entscheidungen am besten und am schnellsten getroffen werden können: in das Projektteam. Dort wird ohne Angst vor Fehlern und Konsequenzen Neues ausprobiert; Entscheidungen werden dezentral selbst organisiert und selbstverantwortlich gefällt.
Projektleiter werden in agilen Projekten nach wie vor gebraucht. Jedoch in einer anderen Rolle: Ein agiler Projektleiter hat die Aufgabe, das Team zu moderieren, es vor äußeren Störungen zu schützen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und auf die Einhaltung der Spielregeln (Scrum-Regeln) zu achten.
Er ist Dienstleister des Teams, der Moderator und Unterstützer. Er sorgt dafür, dass das Team die Ziele kennt, die Regeln klar sind und das Team ungestört arbeiten kann. Die Devise lautet also: weg vom „Command & Control“, hin zur kooperativen Führung.
Vielen Dank, Mario Neumann!
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