Umgang mit dem Betriebsrat: Risiken erkennen – frühzeitig agieren

Der Umgang mit dem Betriebsrat muss organisiert werden!




Die Pandemie hat es noch einmal deutlich gemacht: Die Digitalisierung erhält in den Betrieben einen neuen Schub. Viele Neuerungen können nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn auch der Umgang mit dem Betriebsrates frühzeitig organisiert wird.

Ein betriebliches Beispiel verdeutlicht Chancen und Risiken:

Die Werksleitung plant die Einführung eines Manufacturing Executing Systems (MES). Ziel ist das Zusammenwachsen der Produktionsprozesse mit der Informationstechnologie. Durch MES wachsen bisherige Einzelsysteme im Rahmen der Produktion zusammen. Systeme zur Produktionsplanung und -steuerung bzw. zur Maschinen-Datenerfassung werden zu einer Datenbank zusammengefasst. Möglich wird so ein einheitliches Berichtswesen – das beim Betriebsrat für Alarmstimmung sorgte.

Denn MES-Systeme sind hocheffizient, es bestehen umfangreiche Möglichkeiten der Rückverfolgung von Arbeitsschritten. Fehler können leicht gefunden werden. Der Betrieb kann so sämtliche Aktivitäten in der Produktion, Maschinenzustände und Stillstandszeiten systematisch protokollieren und analysieren.

Die Werksleitung war begeistert von dem System und erläuterte dem Betriebsrat, dass die im nächsten Monat einzuführenden Neuerungen Fehler früher erkennen und so auch für Arbeiter und Angestellte Vorteile habe, da sich dies positiv auf das Leistungsentgelt auswirke.

Die Sichtweise des Betriebsrates war jedoch eine andere: Da das MES auch personenbezogene Daten erfasst werden, wird nicht nur der Arbeitsprozess, sondern auch jeder einzelne Mitarbeiter durch und durch transparent.

Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bei Technik-Einsatz gemäß § 87 Abs. 1 Zif. 6 BetrVG. Auf der Grundlage der umfassenden MES-Planungen wurde deutlich, dass der Betriebsrat mit der Geschäftsführung überall dort Klärungen herbeizuführen wollte, personenbezogene Daten erfasst und miteinander verknüpft werden können.

Die Verhandlungen zur Betriebsvereinbarung nahmen sehr viel Zeit in Anspruch, so dass die Planung um über 6 Monate verzögert wurde. Eine frühzeitige Strategieplanung, von Werksleitung und HR gemeinsam erarbeitet, hätte den Prozess beschleunigen können. Die Personaler erfuhren aber zum selben Zeitpunkt wie der Betriebsrat von den Planungen.

Frühzeitig eine Strategie gegenüber dem Betriebsrat entwickeln!

Mitbestimmungsrechte ermöglichen dem Betriebsrat Mitgestaltung, Informationsrechte sind aus Unternehmenssicht eine Informationspflicht. Diese Vorgaben zu ignorieren, kann gravierende Folgen haben, da der Betriebsrat Planungen über eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht stoppen kann.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, frühzeitig gegenüber dem Betriebsrat zu agieren. Das ist in der Praxis nicht immer leicht, da es nicht nur um Abläufe oder Organisationsfragen geht, sondern immer auch Emotionen eine große Rolle spielen. Führungskraft und Mitarbeiter sind sich zum Beispiel einig – trotzdem muss zunächst der Betriebsrat einbezogen werden, der möglicherweise andere Vorstellungen einbringen will. Aber auch der größte Ärger über Verhaltensweisen von Betriebsratsmitgliedern, setzt Mitbestimmungsreche nicht außer Kraft. Die Pflicht zum Agieren liegt deshalb gerade bei Transformationsprozessen beim Unternehmen, andernfalls kommt es schnell zu Verzögerungen.

Zentraler Ort der Information

Das Vorgehen sollte frühzeitig organisiert werden. So muss innerhalb des Unternehmens organisiert werden, wie bei unternehmerischen Planungen im Vorfeld geprüft wird, ob und welche Beteiligungsrechte betroffen sind.

Meine Empfehlung deshalb:

Intern ist ein „zentraler Ort der Information“ zu organisieren:

  • Gegenüber dem Betriebsrat sollte ein verantwortlicher Ansprechpartner benannt werden, d.h. Fragen aus Betriebsratssicht sind nur an diese Stelle zu richten.
  • Auf Unternehmensseite muss klar sein, dass diese Stelle intern über Unternehmensplanungen und Planungen der Fachabteilungen, die Beteiligungsrechte des Betriebsrates betreffen können, frühzeitig informiert wird. Nur dann kann diese Stelle – etwa Human Ressources – dem Betriebsrat gegenüber agieren.

Auch sollte Klarheit für alle Führungsebenen geschaffen werden, damit jeder Vorgesetze einschätzen kann, bei welchen Themen Mitbestimmungs- und Informationsrechte bestehen. Über Rechte und Pflichten des Betriebsrates müssen Führungskräfte Bescheid wissen, um Projekte nicht durch Gesetzesverstösse zu gefährden.

Geschrieben von: Marcus Schwarzbach

Marcus Schwarzbach ist Berater in Mitbestimmungsfragen und Fachautor. Er hat umfangreiche Praxiserfahrung in der Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat.

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Umgang mit dem Betriebsrat

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